Rund 12% der deutschen Bevölkerung erleidet innerhalb eines Jahres einen Unfall (B. f. A. u. Arbeitsmedizin, Unfallstatistik 2015, Link). Dabei ist es besonders wichtig, Schwerverletzte mit lebensgefährlichen Verletzungen sowie Patientinnen und Patienten mit sogenanntem „Polytrauma“ unverzüglich zu behandeln. Im Schockraum sind die Ärztinnen und Ärzte aufgrund der Plötzlichkeit des Unfallgeschehens einer diffusen Datenlage ausgesetzt, auf deren Grundlage Behandlungsentscheidungen rasch getroffen werden müssen. Dabei können KI- und Big-Data-Systeme dem medizinischen Personal helfen, die richtige Behandlungsmethode zu ermitteln.
"Die Versorgung von schwerverletzten Personen ist durch das plötzliche Auftreten der Unfallsituation, die Heterogenität der Patientinnen und Patienten und die oft hohe zeitliche Dynamik des Krankheitsbildes mit großen Herausforderungen für das medizinische Personal verbunden. Ziel des Projekts LOTTE [Leitsystem zur Optimierung der Therapie traumatisierter Patienten und Patientinnen bei der Erstbehandlung] war es, konkrete Anwendungsszenarien für mögliche KI-Anwendungen in der Notfallversorgung auszuloten und diese mit Blick auf die Implementierung in der Praxis aus medizinischer, technologischer, ökonomischer sowie ethischer und rechtlicher Perspektive zu bewerten“, fasst Stefanie Hänold vom Institut für Rechtsinformatik das Forschungsziel zusammen.
Im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts nahm das IRI insbesondere datenschutzrechtliche, medizinprodukterechtliche sowie berufsrechtliche Bewertungen im Hinblick auf die Erfordernisse an die Entwicklung und den Einsatz von KI-Anwendungen vor. Darüber hinaus wurden straf- und haftungsrechtliche Fragen sowie medizin- und digitalethische Aspekte erörtert.
Zum Verlauf des Forschungsprojekts führt Stefanie Hänold weiter aus: „Anschließend an die Ausarbeitung der ethischen und rechtlichen Rahmenbedingungen an die Entwicklung und den Einsatz von KI-Anwendungen im medizinischen Sektor erfolgte eine vertiefte ethische und rechtliche Bewertung ausgesuchter Szenarien, wie der Trajektorien-Klassifikation, der OP-Risikoprognose oder des intelligenten Leitlinien-Interfaces. Zum Abschluss wurde eine rechtliche Synopse der wichtigsten ethischen und rechtlichen Implikationen und der offenen Problempunkte erstellt und darauf basierend wurden Regelungsvorschläge für den Gesetzgeber erarbeitet."
IRI-Publikationen zum Forschungsprojekt
Hänold, Stefanie, KI-Forschung in der Medizin benötigt eine Reform datenschutzrechtlicher Regelungen, ZD-Aktuell 2020, 07046 (Link, nicht barrierefrei, für LUH-Mitglieder via VPN kostenlos abrufbar).Hänold, Stefanie, KI- und Big-Data-Anwendungen in der Schockraumbehandlung, ZD-Aktuell 2019, 06720 (Link, nicht barrierefrei, für LUH-Mitglieder via VPN kostenlos abrufbar).
Publikationen von Projektpartnern (Auswahl)
Das Whitepaper „Künstliche Intelligenz im Krankenhaus: Potenziale und Herausforderungen – Eine Fallstudie im Bereich der Notfallversorgung“ ist auf der Seite des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme abrufbar (Link, nicht barrierefrei).